Die Grundprinzipien

Die Kampfkunst Aikido basiert in erster Linie auf Griff- und weniger auf Schlagtechniken. Angriffe werden mit fließenden Kreisbewegungen sowie Eingangs- und Drehbewegungen kontrolliert und neutralisiert. Intuition, Timing, eine stabile und flexible Grundstellung sowie kontrollierte Bewegungen ermöglichen die Destabilisierung des Angreifers und die Nutzung der Angriffsenergie zur eigenen Verteidigung.

Wurf- und Hebeltechniken erfordern koordinierte Bewegungsabläufe, eine entspannte Atmung und eine situationsgerechte Gewichtsverlagerung. Mit diesen Voraussetzungen kann man sogar größere oder stärkere Gegner besiegen. Da Aikido nicht auf Körperkraft basiert, ist es für Männer und Frauen aller Altersgruppen geeignet.

Die Aikido-Philosophie lehrt das Prinzip der minimalen Kraftanstrengung. Dank der Rotations- und Haltegrifftechniken kann sogar die kleinste Bewegung fatale Folgen für den Aggressor haben. Geübte Aikidoka sollten immer versuchen, kleine Konflikte mit Vermeidungstaktiken oder Umlenkungstechniken zu entschärfen und potenziell gefährliche Techniken nur in lebensbedrohlichen Situationen anzuwenden. Eine Gewaltsituation sollte möglichst entschärft werden, ohne dass der Angreifer dabei sein Gesicht verliert, um eine gefährliche Eskalation mit eventuellen juristischen Folgen zu vermeiden.

Aber beim Aikido geht es nicht nur um Selbstverteidigung und Spaß am Training, sondern auch um die Entwicklung von Körper, Geist und Seele.Außerdem werden Koordination und Gleichgewicht in den Maße gefördert, wie der Übende die Angst vor dem Fallen verliert, und mit zunehmender Erfahrung macht die Rolle des Angreifers, des Uke, richtig Spaß.



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Einführung

Die Kunst des Aikido ist das Vermächtnis von Ueshiba Morihei ("O Sensei", der "Große Lehrer"), dessen Philosophie die Grundlage des heute praktizierten Aikido bildet. Im Jahre 1925 erlebte Ueshiba einen Wendepunkt in seinem Leben, als er die Verbindung zwischen dem Weg des Kriegers (budo) und dem geistigen Weg erkannte. Diese Erkenntnis veranlasste ihn, eine neue Kampfkunst zu entwickeln, deren Kraft die gesamte Welt vereinen sollte und die er den Weg zur Harmonisierung der Lebenskraft nannte – Aikido. Die Faszination des Aikido liegt vor allem in seiner Vielfalt begründet. Aikido ist sowohl Kampf-kunst und Selbstverteidigung als auch ethische Geisteshaltung und spirituelles Wachstum als Beitrag zu einer besseren Welt.

Das japanische Wort ist nicht leicht zu übersetzen. Oft wird es mit "Liebe" wiedergegeben. Die damit verbundene Vorstellung entspricht jedoch nicht unserer westlichen Vorstellung von Liebe. Ai bedeutet auch Harmonie oder "Einssein" mit er Natur. Ki ist die Lebensenergie – die Kraft, die das Universum lenkt und zusammenhält. Do bezeichnet denWeg oder die Lehre. Ai-ki-do bedeutet daher "Weg der Vereinigung mit der Kraft des Universums".

UESHIBA MORIHEI, Begründer des Aikido
(1883 – 1969)



Die Wurzel des Aikido

Der Begründer des Aikido, Ueshiba Morihei (1883 – 1969), widmete sein ganzes Leben der Entwicklung dieser Kampfkunst. Die Aikido-Techniker spiegeln Ueshibas gesamtes Wissen wieder und verkörpern daher die Essenz seiner großen Lebens-weisheit. Viele Anhänger folgten dem Weg des Meisters. Dieser Weg ist zunächst auf Training und Technik ausgerichtet und wird mit zunehmender Reife des Aikidoka immer philosophischer und spiritueller.

Der aus Tanabe, Japan, stammende Ueshiba war trotz seiner kleinen Statur außergewöhnlich stark. Dank seiner Selbstdisziplin und einem intensiven Trainingsprogramm entwickelte er, unterstützt durch seine Kampfkunstausbildung und den Militärdienst, einen eisernen Willen und ein hohes Maß an Körperkraft. 1903 meldete er sich zur japanischen Armee und wurde aufgrund seiner Verdienste im Russisch-Japanischen Krieg (1904 – 1905) rasch befördert. Besonders gerühmt wurde er für seinen geschickten Umgang mit dem Bajonett und seine unglaubliche Fähigkeit, bevorstehende Angriffe vorauszusehen.

1912 begegnete er Sokaku Takea, Meister im Daito-Ryu-Aikijutsu. Die Kunst des Daito-Ryu setzt den gesamten Körper als Waffe ein und zählt zu den angesehensten ersten Lehren des waffenlosen Kampfes. Sokaku war ein hochgeschätzter, weit gereister Mann, der mit seinem Talent und seinem Kampfstil viele Anhänger anzog.

Ueshiba war so beeindruckt von diesem Meister, dass er ihm in seinem Anwesen auf Hokkaido ein Dojo (Übungsraum) mit Schrein errichtete, sodass Sokaku bei ihm leben konnte, um ihn zu unterrichten. Nach seinem Studium bei Meister Sokaku kehrte Ueshiba 1919 an seinen Geburtsort Tanabe zurück. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits ein außergewöhnlich begabter Schwertkämpfer und ein eifriger Anhänger des Aikijutsu.

Im Alter von 30 Jahren schloss er sich dem Begründer der Omotkyo-Sekte Deguchi Onisaburo an und reiste mit dem Meister 13 Jahre lang durch China, die Mandschurei und Korea, bevor er 1924 wieder nach Japan zurückkehrte.

Inzwischen hatte er seine Budo-Techniken zu einem eigenen Stil weiterentwickelt, den er Aikido nannte. Von da an widmete er sein ganzes Leben der Weitergabe seiner Lehre an Generationen von Schülern und Anhängern aus den unterschiedlichsten Schichten in allen Teilen der Welt: Gelehrte, Polizisten, Soldaten, Kampfkunstexperten, sogar Schauspieler und Tänzer waren darunter. Männer, Frauen und sogar Kinder trainierten mit ihm. Dank der Weitergabe durch ehemalige Meisterschüler wie Saito Sensei, Tohei Sensei und Yamaguchi Sensei wurde Aikido weltweit verbreitet. 1968 wure Ueshiba mit Leberkrebs ins Krankenhaus eingeliefert. Nach seiner Weigerung, sich operieren zu lassen, kehrte er nach Hause zurück und unterrichtete noch bis zu seinem Tod am 26. April 1969.



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Die ersten Trainingserfahrungen

Anfänger sollten langsam trainieren, um Probleme rechtzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Anfangs können sogar einfache Schritt- und Drehbewegungen kompliziert erscheinen. Zunächst werden Beinarbeit und sichere Abroll- und Falltechniken geübt. Nach einigen Monaten sind Sie mit Bewegungsformen wie Irimi, Tenkan und Tsugi-ashi vertraut und bereit für neue Techniken. Mit der Beherrschung der grundlegenden Beinarbeit sind Sie in der Lage, eine Technik, nachdem sie einmal vorgeführt wurde, sofort zu wiederholen. (Spezielle Handhaltungen und andere Feinheiten kommen später). Bevor man an diesen Punkt anlangt, erfordert der Lernprozess nur über den Kopf. Erst durch ständiges Wiederholen werden die Körperbewegungen wirklich verinnerlicht. Sobald die Körperbewegungen instinktiv erfolgen, können Sie sich auf die Verbesserung Ihrer Technik konzentrieren (z. B. Grundform oder richtiges Timing des Angriffs).



Aufmerksamkeit und Intuition

Wenn Sie eine Technik zum ersten Mal verfolgen, sollten Sie diese nicht zu sehr analysieren, sondern sie sich vorstellen. Beginnen Sie mit der Grundform und den Bewegungsrichtungen, und fügen Sie mit jeder Wiederholung ein Detail hinzu. In früheren Zeiten zahlten Samurai un-glaubliche Summen, um einem Meister bei der Vorführung einer einzelnen Technik zuschauen zu können. Ein Vorführung musste genügen, um sich die Technik selbst anzueignen. Sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene sollten diese Fähigkeit entwickeln, um die knapp bemessene Trainingszeit mit heraus ragenden Meistern maximal nutzen zu können.

Fortschritte

Die Ausbildung des Kyu (Schülergrad) beginnt mit dem 6. oder 5. Kyu und geht hinauf bis zum 1. Kyu. Danach folgt Shodan (1. Dan), welcher zum Tragen des Schwarzen Gürtels berechtigt. Der höchste Grad, er jemals von O Sensei verliehen wurde, war Juan (10. Dan). Kyu-Graduierungen umfassen offizielle Prüfungen von Abwehr- und Angriffstechniken mit wechselndem Rollentausch von Uke und Tori.

Bei Anfängern werden Grundübungen, Form und Falltechniken geprüft. Bei höheren Kyu-Graden steigt die Anzahl und Komplexität der Techniken. Außerdem gelten im Hinblick auf Beweglichkeit und Kontrolle höhere Standards. Die Techniken der unteren Kyu-Grade bilden die Basis für jedes weitere Aufbautraining. So kann z. B. ein geübter Aikidoka auch mit einem unerfahrenen Anfänger fortgeschrittene Trainingstechniken üben.

Modernes Aikido

Nach demTod des Aikido-Begründers bildeten einige ranghohe Lehrer ihre eigenen Organisationen. Diese werden heute von vier großen Gruppierungen repräsentiert. ("Ki-Gesellschaft", "Intern.Yoshinakai Aikido Federation", "Tomiki-Aikido" und "Aikikai")